Kleine Zeit-Geschichten

aus Anthony de Mello: „Eine Minute Unsinn“

 (c) Dr. Eike Hoffmann

Keine Minute verlieren

Als der Meister hörte, dass ein Wald in der Nachbarschaft durch Feuer vernichtet worden war, mobilisierte er alle seine Schüler.

„Wir müssen die Zedern wieder anpflanzen“, sagte er.

„Sie Zedern“, rief ein Schüler ungläubig aus, „die brauchen doch 2000 Jahre zum Wachsen.“

„In diesem Fall“, sagte der Meister, „gilt es, keine Minute zu verlieren. Wir müssen sofort damit anfangen.“

 

Zu spät

Eine Mutter wollte wissen, wann sie mit der Erziehung ihres Kindes beginnen sollte.

„Wie alt ist Ihre Tochter?“ fragte der Meister.

„Sie ist fünf.“

„Fünf! Lauf schnell nach Hause! Denn du bist schon fünf Jahre zu spät dran.“

 

So schnell es geht

Der Meister wurde gefragt, was er von den Errungenschaften der modernen Technik halte. Seine Antwort war:

Einem zerstreuten Professor fiel in letzter Minute ein, dass er eine Vorlesung halten musste. Er sprang in ein Taxi und rief: „Los, fahren Sie, so schnell Sie können!“

Als das Taxi in voller Fahrt war, merkte der Professor, dass er dem Fahrer gar nicht das Ziel angegeben hatte. „Wissen Sie denn, wohin ich möchte?“ rief er ihm zu.

„Nein, mein Herr“, sagte der Taxifahrer, „aber ich fahre , so schnell ich kann.“

 

Keine Zeit

Die Besucher waren immer wieder von der Ruhe und Muße des Meisters beeindruckt.

„Ich habe gar nicht die Zeit, um in Eile zu sein“, konnte er sagen

 

Ein Erstrahlen der Ewigkeit

Der Meister muss gewusst haben, dass seine Worte oft über das Verständnis seiner Schüler hinausgingen. Er sagte sie trotzdem in dem Wissen darum, dass der Tag sicherlich einmal kommen würde, an dem seine Worte in den Herzen derer, die ihn höre, Wurzeln schlagen und erblühen würden.

Eines Tages sagte er:

„Die Zeit erscheint dir immer sehr lang, wenn Du auf etwas wartest –

auf die Ferien, auf eine Prüfung, auf etwas, wonach du dich sehnst

oder wovor du in der Zukunft Angst hast.

Doch denen, die es wagen, sich der Erfahrung des gegenwärtigen Augenblicks auszusetzen – mit keinem Gedanken an die Erfahrung, keinem Verlangen, dass sie wiederkehre oder dich verschone -, wird die Zeit zu Erstrahlen der Ewigkeit.“

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