Dass chronische Überlastung und Stress ein Burnout auslösen können, ist kein Geheimnis mehr. Erhöhte Belastung kann dabei zweierlei bedeuten:
- permanent hohe Anforderungen, z.B. durch zunehmende Arbeitsverdichtung, bei gleichzeitig eingeschränktem Entscheidungsspielraum
- das Gefühl der Ungerechtigkeit, wenn hoher Arbeitsleistung keine angemessene Belohnung gegenüber steht (Gratifikationskrise)
Beide Punkte berühren Bedürfnisse, die für unser psychisches Wohlbefinden essentiell sind: autonom erfolgreich handeln zu können und sozial anerkannt zu sein. Viktor Frankl, der Begründer der Logotherapie, hat die Bedeutung der Sinnfindung für Zufriedenheit und psychische Gesundheit immer wieder unterstrichen.
So ist es eigentlich nicht verwunderlich, dass eine Missachtung dieser Bedürfnisse schließlich zu einer Depression führen kann. Zwei große Studien aus Großbritannien (10.308 Teilnehmer, Stansfeld et al. 1999) und Finnland (47.351 Teilnehmer, Kivimäki 2007) konnten ein 2,6fach bzw. 1,5fach erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Depression innerhalb von 24-36 Monaten im Zusammenhang mit Gratifikationskrisen feststellen.
Aber Stress macht nicht nur depressiv – im Review-Artikel von Chandola et al. (2010) über Biomarker bei Stress werden die körperlichen Folgen eindrucksvoll zusammengefasst:
- kurzfristig erhöhte Cortisolwerte
- langfristig verminderte Cortisolwerte infolge einer Rezeptor-Downregulation als Reaktion auf die andauernde Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse
- verminderte Herzfrequenzvariabilität infolge der Dysregualtion des vegetativen Nervensystems (Sympathikusaktivierung)
- erhöhte Entzündungsaktivität und verminderte Immunkompetenz (C-reaktives Protein und Tumornekrosefaktor α erhöht, vermindert verfügbare natürliche Killerzellen)
Diese Ergebnisse legen nahe, dass Stress das Risiko für erhöhtem Blutdruck, Typ-2-Diabetes, Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkt, Infekte und möglicherweise sogar Tumorerkrankungen erhöhen kann.
Klingt nicht gerade ermutigend, oder? Die gute Nachricht ist: Wir können aktiv etwas zu unserer Gesundheit beitragen, nicht nur indem wir auf unsere Ernährung und regelmäßige Bewegung achten, sondern auch und gerade, wenn wir uns bewusst Pausen vom Alltag gönnen, auch mal eine Arbeit liegen lassen und uns stattdessen Zeit nehmen für die Dinge, die uns gut tun: Kunst, Musik, eine Massage, Entspannung, Meditation – und nicht zuletzt Kontakte mit Familienangehörigen und Freunden, die uns auch ohne Leistung anerkennen … Dabei wünsche ich Ihnen viel Freude ganz ohne schlechtes Gewissen!
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